Wer ist fur die Aggression verantwortlich?

Lesen Sie das 1. Buch Samuel, Kapitel 20, Vers 1 und Kapitel 26, Vers 18. David ist verwirrt und kann nicht verstehen, was er getan haben könnte um Saul zu veranlassen, ihm Leid zuzufügen. Haben auch Sie jemals dieses Gefühl gehabt in einer mißbräuchlichen Situation?  

Normalerweise gelangt das Opfer zu der Ansicht, daß es etwas getan haben könnte, das den Mißbrauch veranlasste. Das beruht teilweise darauf, daß der Aggressor für gewöhnlich dem Opfer sagt, es sei seine Schuld:  

·         wenn es vielleicht etwas anders gemacht hätte, gäbe es keinen Mißbrauch

·         wenn es vielleicht anders wäre, würde der Mißbrauch aufhören  

In der Geschichte von Saul und David sehen wir, daß David nichts getan hat um Saul zu provozieren. Im Gegenteil hat er wiederholt versucht ihn zu beruhigen, zu beschwichtigen, zur Vernunft zu bringen und zu verhandeln, um die Gewalt zu beenden. Keine dieser Anstrengungen hatte Erfolg! Viele Opfer häuslicher Gewalt sehen sich in derselben Lage. Sie können jahrelang erfolglos Eines nach dem Anderen versuchen, um den Mißbrauch zu verhindern und dem Mißbraucher zu gefallen. Leicht geraten solche Beziehungen in eine Lage, wo der Eine ein Tyrann wird und der Andere Angst, Verwirrung und Minderwertigkeitsgefühle erleiden muß.  

Die Verhältnisse werden klarer, wenn man begreift, daß die häusliche Gewalt nicht darauf beruht, was das Opfer macht oder nicht macht, sondern daß es das Verlangen eines Mißbrauchers ist, Macht und Beherrschung über einen Anderen zu erlangen und aufrecht zu erhalten. Es ist ein Geflecht von Zwang, Einschüchterung oder Beleidigung mit der Absicht, das Opfer zu beherrschen durch Angst vor Leid oder Einbußen, Demütigung, Herabsetzung, Kritik, Drohungen, übermässige Kontrolle und Isolalierung, Wut, Geldeinbehalt, physische oder psychologische Angriffe, usw. Während Mißbrauch in jeder Beziehung vorkommen kann, beruht die häusliche Gewalt auf systematischen oder wiederholten Verhaltensmustern mit der Absicht, Andere herabzusetzen und Beherrschung über sie zu erlangen. Wenn man dem Verlangen eines Mißbrauchers nachgibt, trägt dies in der Regel wenig zur Verbesserung der Situation bei. Sobald eine Forderung oder Bedingung erfüllt ist, folgen neue nach. Das Opfer kann ein Gefühl bekommen von Minderwertigkeit und Hoffnungslosigkeit angesichts der Situation, sowie den Eindruck, unzulänglich, unwert, oder fehlerbehaftet zu sein.  

Wo die wahren Gründe und Abläufe von häuslicher Gewalt nicht verstanden werden, entwickeln sich Mythen. Diese Mythen können dazu führen, daß das Opfer für den Mißbrauch verantwortlich gemacht wird. Es ist wichtig zu verstehen, was häusliche Gewalt ist:  

·         KEIN Kommunikationsproblem oder Konflikt zwischen unterschiedlichen Temperamenten. Eheleute mit diesen Problemen greifen nicht notwendigerweise auf Mißbrauch zurück. Berater für „Ehebeziehungen“ meinen häufig, daß dies den Mißbrauch nicht beendet.  Häusliche Gewalt kann vorkommen auch wo gute Kommunikationstechniken Anwendung finden; manche Mißbraucher wenden sie als Instrument an um ihr Opfer zu beherrschen.  

·         KEIN Problem eines Wutausbruchs – es kann stattfinden, wenn der Aggressor ruhig ist. Trainingsprogramme zur Beherrschung der Wut schaffen es häufig nicht, den Mißbrauch abzustellen.  

·         KEIN Alkohol- oder Drogen- Problem – obwohl diese die Hemmungen eines Aggressors herabsetzen können, oder ihm eine Ausrede für das Schlagen sein können. Drogen und Alkohol bringen die meisten Leute nicht zu Gewalttätigkeiten.  

·         NICHT veranlaßt durch fehlende Unterordnung. Versuche zur Beschwichtigung, Zusammenarbeit, Gefügigkeit, sowie Verzicht auf Widerstand beenden selten den Mißbrauch.  

·         NICHT beruhend auf dem Verhalten des Opfers. Studien zeigen auf, daß das Opfer meistens sehr wenig tun kann um den Mißbrauch zu beenden. Häufig fährt der Mißbraucher mit dem Mißbrauch fort, wenn er später andere Beziehungen oder Partner hat.  

Häusliche Gewalt entsteht aufgrund des Verlangens einer Person, Macht und Kontrolle über jemand anders zu erlangen durch Zwang, Einschüchterung, Drohungen, verbale und/oder psychologische Angriffe, sowie mit körperlicher Kraft. Wie David herausfand ist ein Opfer normalerweise nicht in der Lage den Mißbrauch zu beenden, indem es versucht, dem Mißbraucher zu gefallen oder seinen Forderungen nachzukommen.


Diskussionspunkte:  

  1. Auf welche Weise kann ein Aggressor versucht haben, Sie davon zu überzeugen, daß Sie an dem Mißbrauch selbst schuld seien?
  1. Inwieweit haben Sie den Forderungen eines Mißbrauchers nachgegeben? Hatten diese Maßnahmen den Erfolg, daß der Mißbrauch aufhörte?

3.   Welche andere Gründe haben Sie gehört, mit welchen die Leute sich den Anlaß zu häuslicher Gewalt erklären?