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Vergebung und ihre Grenzen „Hütet
Euch! Wenn dein Bruder sündigt, so halte es ihm vor; und wenn es ihn reut,
vergib ihm. Und wenn er siebenmal des Tages an dir sündigen würde und
siebenmal wiederkäme zu dir und spräche: es reut mich! So sollst du ihm
vergeben“. (Lukas, Kapitel 17, Verse 3 und 4) Lukas Kapitel 17, Vers 4 heißt uns zu
vergeben, sofern es Reue gibt. Reue kann jedoch bei häuslicher Gewalt verwirren,
denn wiederholte Bitten um Vergebung und gebrochene Versprechen sind oft ein
Teil eines Systems von Manipulation, Kontrolle und Ableugnung. Bedeutet
Vergebung, daß wir wiederholt Mißbrauch erdulden müßen? Wie kann man diese
Schrift auf häusliche Gewalt anwenden? Webster’s Schulwörterbuch deutet das
Wort „bereuen“ als „abkehren von der Sünde und sich um die Besserung
seines Lebens kümmern“. Wie können wir sagen, ob jemand ernsthaft bereut?
Reue ist etwas anderes als Bedauern oder Versprechungen zu machen. Als Johannes
der Täufer über die Reue zur Vergebung der Sünden predigt, sagt er ausdrücklich,
daß Reue in Verbindung sein muß mit rechtschaffenem Verhalten (Lukas, Kapitel
3, Vers 3 und Verse 8 bis 14). Er sagt insbesondere, daß Manipulationen, Zwang
und falsche Anschuldigungen (wie das bei häuslicher Gewalt häufig vorkommt)
aufhören müßen. Wahre und göttliche Reue erkennt man an ihren daraus
resultierenden Handlungen („Früchten“) (Lukas, Kapitel 3, Vers 8). Auch
Jesus verwendete das Beispiel der Früchte, als er uns lehrte, daß Handlungen
zeigen, was im Herzen vor sich geht (Matthäus, Kapitel 7, Verse 16 bis 20).
Echte, aus dem Herzen kommende Reue ist also mehr als Worte oder Versprechungen;
sie wird durch Handlungen bewiesen. Jesus lehrte uns, daß wir Anderen nicht
erlauben sollten weiterhin zu sündigen, indem sie uns mißbrauchen. Lukas
Kapitel 17 Vers 3 zeigt, daß wir Andere, die sich gegen uns versündigen, zur
Rede stellen sollen. Webster’s Schulwörterbuch definiert „zur Rede stellen“
als rügen, tadeln, oder verbitten. Das heißt im wesentlichen: Grenzen setzen. In Matthäus, Kapitel 18, Verse 15 bis 17
lehrt uns Jesus ein vierstufiges Vorgehen gegen Verletzungen der Grenzen. Als
letzter Schritt bei diesem Vorgehen wird die Beziehung beendet, wenn sich der Übertreter
nicht ändert. Versöhnung bedeutet die Wiederherstellung der Beziehung und ist
etwas anderes als Vergebung. Matthäus Kapitel 18, Vers 17 zeigt, daß Vergebung
nicht immer möglich ist, weil es nicht immer möglich ist, die Verstöße zu
beenden. Versöhnung kann angebracht sein, wenn der
Mißbraucher aus ganzem Herzen bereut und Willens
zu einer Änderung ist. Die christlichen Berater und Autoren Dr. Henry Cloud und
Dr. John Townsend schlagen in ihrem Buch Grenzen
in der Ehe (Zondervan Publishing House, 1999) Ehepaaren dringend vor, über
den Mißbrauch direkt miteinander zu sprechen. Dies deckt sich mit dem, was
Jesus uns in Matthäus Kapitel 18 Vers 15 lehrt über Grenzüberschreitungen.
Danach sollten die grundlegenden Probleme angesprochen werden, selbst wenn
Eingeständnis und Reue vorhanden waren. Cloud und Townsend empfehlen, einen
Plan um der Sache auf den Grund zu gehen zu vereinbaren, nach welchem das Paar
vorgehen kann, falls das Problem wieder auftritt. Diese Schritte bieten eine
Gelegenheit für wahre Reue, die sich
durch Selbstverantwortung und entsprechendes Handeln ausdrückt. In Matthäus Kapitel 18, Verse 23 – 25
lehrt uns Jesus, daß Rechenschaft ein Teil des Prozesses der Vergebung ist.
Obwohl der König in diesem Gleichnis seinem Knecht die Schulden erließ, so
befaßte er sich doch mit dessen weiteren Vergehen. Für eine Ehe kann dies heißen,
daß man aufrichtig und in Liebe über die Situation spricht und
Grenzen
festlegt, wo es notwendig ist. In
einem mißbräuchlichen Verhältnis können die Einhaltung der Grenzen und der
Verantwortlichkeit bis zur Erzwingung eines Schutzbefehls oder dem Ruf nach der
Polizei gehen, sofern es zu Gewalttätigkeiten kommt. Der Mißbraucher muß
vielleicht den Opfern Wiedergutmachung leisten, ein vom Gericht angeordnetes
Beratungsprogramm durchlaufen, oder eine zeitlang im Gefängnis einsitzen um aus
den Folgen seines Handelns zu lernen. Änderungen sind nicht immer leicht. Man
kann stolperen beim Aufbau von neuen Verhaltensmustern. Vergebung, wo echte Reue vorhanden ist, kann die Ermutigung und Liebe mit sich
bringen, die man zu weiteren Versuchen braucht. Wie wir bei Lukas, Kapitel 7,
Verse 3 und 4 sehen, kann es wiederholter Reue und Vergebung bedürfen. Diese
Schrift gibt auch zum Verstehen, daß wiederholte Auseinandersetzungen und die
Anwendung von Matthäus, Kapitel 18, Verse 15 bis 17 ein Teil dieses Prozesses
sind. Diese Art von Verantwortlichkeit kann wesentlich sein für die Unterstützung
der Veränderung. Es muß jedoch eine Grenze gezogen werden, wenn das Risiko von
nochmaligem Leid zu groß wäre. Körperliches Leid, Leid das einem Kind zugefügt
wird, oder das Risiko der Übertragung einer Geschlechtskrankheit (wenn jemand
nicht aufhört mit der wiederholten sexuellen Untreue) können nicht toleriert
werden und Wiederholungen sollten nicht riskiert werden. Nach dem Gebrauch von
Jesus Lehre nach Matthäus, Kapitel 18, Verse 15 bis 17 (oder wenn es klar ist,
daß Versuche so zu handeln allzu gefährlich wären) kann es notwendig sein,
Kontakte mit dem Mißetäter zu vermeiden (Matthäus, Kapitel 18, Vers 17, 2.
Satz). Vergebung muß vielleicht aus sicherem Abstand erfolgen. Diskussionspunkte: 1. Was bedeutet „Vergebung“ für Sie? Machen Sie eine Definition von Vergebung. 2. Manche Leute behaupten, daß Vergebung Vergessen voraussetzt. Geht dieser Gedanken auch aus Matthäus, Kapitel 18, Vers 23 – 35 oder Lukas, Kapitel 17, Verse 3 bis 4 hervor? Wieso, oder wieso nicht?
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